„Und in den letzten Jahrhunderten haben sich nun vor allem zwei wirtschaftspolitische Modelle durchgesetzt: Der Kapitalismus und der Kommunismus. Es wäre einmal interessant, die Grenzen dieser politischen Modelle […] zu untersuchen.
Der Kapitalismus, von einem Herren namens Adam Smith erfunden, ist ein Entwicklungsmodell, das sich auf freien Wettbewerb gründet und gegen das vor allem zwei wesentliche Punkte sprechen: erstens, es garantiert nicht die soziale Gerechtigkeit; zweitens, es lenkt die Menschheit von den geistigen Gütern ab. Der Motor des Kapitalismus wird vor allem vom Egoismus des Menschen angetrieben, von der einzigen Energiequelle also, die es überall auf der Erde gibt. Gemeinsinn und Nächstenliebe werden im Kapitalismus klein geschrieben, er stachelt nur die Gewinnsucht des Menschen an und erfindet die Religion des Profits. Die Grundregeln dieser Religion sind ziemlich einfach: der Mensch identifiziert sich mit seinem Bankkonto. Seine Verdienste zahlen sich in Macht und in klingender Münze aus. Das Ergebnis ist die Konsumspirale. Der Mensch ist gezwungen, immer mehr zu produzieren, um das kaufen zu können, was er im Überfluss produziert hat. Pausenlos. Es gibt keine Muße, um auch geistige Güter anzustreben. Der schöpferische Impuls kann sich gar nicht entwickeln, weil der Mensch allzu sehr damit beschäftigt ist, das nötige Geld zu verdienen, um sich seinen nächsten Urlaub leisten zu können.
Wie konnte es überhaupt soweit kommen? Denn früher waren wir doch mit weniger glücklich? Die Antwort ist einfach: die Konsumgesellschaft hat ihren Preis erhöht. Das Mindestniveau an Wohlstandgesellschaft ist heute viel höher. Morgen wird es noch höher sein, und du wirst als Mensch einfach leiden, wenn du nicht einmal einen Farbfernseher hast.“
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„Kommen wir damit nun zum Kommunismus. […] Dieses Regime hat sein selbst gesetztes Ziel, also die soziale Gerechtigkeit, bisher nur mit Gewalt erreicht, nämlich durch die so genannte Diktatur des Proletariats. Und wie alle Phänomene der absoluten Macht, gleichgültig, ob es sich dabei um eine politische Partei oder ein Industrieunternehmen handelt, verlangt es die Einheitlichkeit der Basis. Denn machen wir uns doch keine Illusionen, wo die absolute Macht herrscht, gibt es kein Individuum mehr und daher auch keine Freiheit.“
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„Das höchste Ziel eines politischen Ideals muss die Individualität sein. Der Politiker darf an das Volk nicht als eine einheitliche Masse denken, sonder er muss es als eine Gemeinschaft von sehr vielen sehr verschiedenen Menschen sehen Menschen sehen, von Männern, Frauen und Kindern. Von Menschen, die nachdenken und dadurch verschieden sind. Weil aus dieser Verschiedenheit des Denkens die Ideen der Zukunft erwachsen. Individualismus bedeutet Leben, Uniformität bedeutet Tod. Nun ist es natürlich für einen der Befiehlt, sehr viel einfacher, Befehle durchzusetzen, je einheitlicher die Basis ist. Sind die Untertanen gleichartig, lassen sie leichter einschätzen. Und so wie bei mangelnder sozialer Gerechtigkeit eine ungleichmäßige Verteilung der materiellen Güter Stattfindet, wird auch der Geist bei fehlender individueller Freiheit in seiner Entwicklung immer mehr gehindert. Das ist etwa so, […] wie es die Chinesen einst mit den Füßen ihrer Frauen gemacht haben. Moral – auch im Kommunismus gehen die schöpferischen Impulse flöten, wenn auch aus vollkommen anderen Gründen als in der westlichen Welt.“
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Quelle:
„Also sprach Bellaviste – Neapel, Liebe und Freiheit“ von Luciano De Crescenzo
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